110 Jahre liegen zwischen den Inhalten dieser beiden Bücher. Das eine 1908 geschaffen in dem Wunsch, ein besserer Mensch zu werden. Das andere, 2018 erschienen, möchte sich verstanden wissen als der rechte Pfad zwischen Ordnung und Chaos.
Tolstoi schreibt 1908:
„[…] Ich würde mir wünschen, dass der Leser bei der täglichen Lektüre dieses Buches das gleiche wohltuende, erhebende Gefühl empfindet, das ich bei seiner Zusammenstellung empfand und noch jetzt beim täglichen Nachlesen und bei der Arbeit an der Verbesserung der zweiten Auflage empfinde.“
In Petersons Vorwort heißt es 2018:
„Meine Agentin schlug mir eine Art Ratgeber vor, über das, was der Mensch für ein ‚gutes Leben‘ wissen muss – was immer das auch hieß.
[…]
„Das Dasein ist komplizierter, als ein Einzelner je ermessen kann, und ich weiß längst nicht alles. Ich liefere aber immer das Beste, das ich habe.
Daraus ist schließlich dieses Buch geworden. […]“
Beiden Büchern ist gemein, dass sie sich mit Ordnungsstrukturen befassen, die wir uns und dem Leben geben. Der Unterschied ist:
Peterson will beeindrucken. Tolstoi wollte sich ausdrücken.
Peterson trägt mit seinen Essays „dem Hungern jedes Einzelnen nach dem Heroismus des wahren Daseins“ Rechnung. Tolstoi wünschte den Lesern seiner Zusammenstellung „eine leicht fassliche Lektüre für alle Tage, die geeignet ist, nur die besten Gedanken und Gefühle zu erwecken.“
„12 Rules for Life“ wird den nächsten Wochen zweifelsohne ein großer Medienrummel beschert sein, und das Buch wird viele begeistern. Hier findet es nach dem Studieren des Vorworts ungelesen seinen Platz in der Privatbibliothek.
„Für alle Tage“, Tolstois zeitloses Werk und in der C.H. Beck-Ausgabe zugleich ein optischer und haptischer Blickfang, hat hier seinen ganz besonderen und exponierten Platz bekommen. Möge es unsere Freunde, Besucher und Gäste stets einladen darin zu blättern und den ein oder anderen anregenden Gedanken für sich mitzunehmen.