„Alternative Fakten“
by Post-it
der verschleiernde und irreführende Ausdruck für den Versuch, Falschbehauptungen als legitimes Mittel der öffentlichen Auseinandersetzung salonfähig zu machen
Welcher Fakt ist wahr und welcher falsch? Und ist nicht alles eine Frage des Blickwinkels? Was wir sehen, ist eine Perspektive, was wir hören eine Meinung.
Kürzlich las ich ein Statement zum Deutschen Fernsehpreis. Ein sehr gelungenes Statement eines geladenen Gastes, das Anstoß daran nimmt, dass man die Autoren, ohne die viele Fernsehformate gar nicht möglich wären, „aus Platzgründen“ von dieser Veranstaltung ausschließt. Ein Vorgehen, das man symptomatisch für unsere Zeit begreifen kann: wenig bis gar keine Wertschätzung und Feingefühl für die leistenden, schaffenden, kreativen Menschen im Hintergrund.
„Störe meine Kreise nicht“ sagte einst Archimedes.
In o. g. Beispiel trifft es die im Stillen arbeitende Autorenschaft, die den Kreis des Rampenlichts „stört“. Fakt: Platzgründe. Woanders werden im Rahmen organisationsinterner Veranstaltungen z. B. gehandicapte Menschen gebeten, sich für diesen Zeitraum von den Veranstaltungsräumen weitläufig zu entfernen, während man sich, Fakt, gleichzeitig einer besonderen sozialen Integration rühmt. Oder man rühmt sich, Fakt, eines vertrauensvollen Miteinanders, während man gleichzeitig z. B. schlichte Freundlichkeit gegenüber Mitgliedern bestimmter Kreise abkanzelt und im Nachgang rügt, weil es „stört“.
Vieles in diesem Land, welche Organisationsform auch immer -gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich, kulturell, sozial- ist groß geworden durch Schaffende mit Begeisterung, Leistungsbereitschaft und Leidenschaft für die Sache. Diese Schaffenskraft wird heute vielfach ignoriert, und dem Wissen und Know-how der beteiligten Menschen wird kein Vertrauen mehr geschenkt. „Bezahlte Strategiesöldner in Slim Fit und Schnabelschuhen“ (Zitat: privat) fegen durch das Land, die keine Verantwortung für ihre Entscheidungen tragen müssen, geschweige denn übernehmen.
Unsere Epoche ist eine besondere – technologisch und organisatorisch. Es ist eine Zeitenwende! Die neue industrielle Revolution betrifft in erster Linie den MENSCHEN. Und zwar jeden. Unseren Umgang miteinander. Beruflich und privat. Alles vermischt und vernetzt sich, schon rein technologisch, zunehmend. Vieles lässt sich nicht mehr eindeutig voneinander abgrenzen. Gewohnte Abläufe ändern sich. Ein neues Rollendenken ist erforderlich. In dieser Zeit muss man besonders gut mit Menschen umgehen können und mit ihnen arbeiten wollen. Und man muss vor allem eines: mit Menschen transparent kommunizieren. Und zwar ehrlich und aktiv und nicht mit substanzlosen, austauschbaren Phrasen. Man muss die Menschen anhören, mit ihnen reden und ihre Sorgen verstehen wollen, denn nur dann lässt sich GEMEINSAM unsere veränderungsträchtige Zeit und die Zukunft gestalten.
Menschen wollen die Fakten, bestehende und sich ändernde, verstehen. Sie wollen eingebunden werden, um sich engagieren zu können. Ungleiches Verständnis nicht ignorieren sondern akzeptieren heißt, sich gegenseitig zu verstehen, zu reden, zuzuhören, „Händchen zu halten“. Das geht nur mit Unabhängigen, die eben diese Aufgabe neutral übernehmen. Für diese kommunikative Begleitung der Veränderung, diese neutrale Moderation, die den Menschen ANTWORTEN auf den Umbruch und neue eingeschlagene Wege liefert und sie erklärt, braucht es mehr außenstehende Unterstützung durch „bezahlte Veränderungsprozess-Söldner“ denn je.
„Denn nichts ist für den Menschen als Menschen etwas wert, was er nicht mit Leidenschaft tun kann.“ (Max Weber, Wissenschaft als Beruf)